Die Reinheitsgebote im rechtlichen Kontext

Recht so!

Entgegen der landläufigen Meinung gibt es gar nicht „das“ Reinheitsgebot. Es gibt mehrere und sie sind auch in ihrer ursprünglichen Formulierung nicht so explizit, wie man gemeinhin glaubt. Heute ist das deutsche Reinheitsgebot gültiges Gesetz – ganz gleich, ob man es als Restriktion oder als Qualitätsmerkmal versteht.

Das deutsche Reinheitsgebot

Diese Vorschrift war lange namenlos, sie hieß schlicht „Bestimmung“ oder „Surrogatverbot“. Erst nach dem Ersten Weltkrieg wurde der Begriff Reinheitsgebot geprägt und durch das Reichsgesetz von 1906 für das gesamte Reichsgebiet bindend. Im Gesetz heißt es unter anderem, dass Bier nur aus Malz, Hopfen, Hefe und Wasser hergestellt werden darf. Genauer gesagt erlaubt es für untergärige Biere nur Gerstenmalz, während für obergärige Biere auch andere Getreidesorten, klar definierte Zuckerarten und Farbstoffe verwendet werden dürfen.

Die Bezeichnung „Bier“ durften nur vergorene Getränke führen, die diesen Bestimmungen entsprechen. Werden die Anforderungen des deutschen Reinheitsgebotes erfüllt, ist es möglich weltweit „Bier nach dem deutschen Reinheitsgebot gebraut“ herzustellen und zu vertreiben.

Dennoch besteht auch in Deutschland, mit Ausnahme von Bayern, die Möglichkeit Bier zu brauen, das nicht nach dem Reinheitsgebot gebraut ist. Zum Beispiel, wenn es sich um „besonderes Bier“ mit einer traditionellen Herstellung handelt.

Aber auch, wenn das Bier zur Ausfuhr, zu wissenschaftlichen Versuchen oder für den Hausgebrauch bestimmt ist. Im letzten Fall darf natürlich nicht vertrieben werden.

Das bayerische Reinheitsgebot von 1516

Es gilt als Vorgängerreglung des deutschen Reinheitsgebotes und sieht für Bayern und Baden-Württemberg im Vergleich noch strengere Regeln vor, die sich direkt auf das am 23. April 1516 in Ingolstadt proklamierte Reinheitsgebot beziehen. Hier ist die Verwendung von Zucker, aus Zucker hergestellten Farbstoffen und Süßstoffen gänzlich verboten.

In Bayern ist sogar dunkles Bier strenger geregelt: Bei untergärigen Bieren muss mindestens 50 % und bei obergärigen Bieren ca. 1/3 dunkles Malz in der Schüttung verwendet werden. Auch die Bierfarbe ist mit mindestens 40 EBC-Farbeinheiten für untergäriges und mit mindestens 30 EBC-Farbeinheiten für obergäriges Bier vorgegeben.

Einige Biersorten, die die Bezeichnung „Bayerisches Bier“ führen dürfen, sind mit Stammwürze, Alkoholgehalt, Farb- und Bittereinheiten festgelegt und geografisch geschützt.

Das Münchener Reinheitsgebot von 1487

In München übernahm der Stadtrat ab 1363 die Bieraufsicht. 1447 erfolgte eine Verordnung über die zulässigen Inhaltsstoffe des Bieres, die dann 1487 durch Herzog Albrecht IV. bestätigt wurde. Dadurch nimmt sie eine Sonderstellung ein in der langen Reihe der städtischen Brauvorschriften.

„Münchener Bier“ ist mit Stammwürze, Alkoholgehalt, Farb- und Bittereinheiten ebenso genau festgelegt und geografisch geschützt.

Die gesetzlichen Grundlagen

In Deutschland existieren zahlreiche Gesetzte, die sich mit der Besteuerung und Herstellung des Bieres befassen.

Für die Besteuerung gilt:

  • Biersteuergesetz (BierStG)
  • Verordnung zur Durchführung des Biersteuergesetzes, auch Biersteuerverordnung (BierStV)

Die Vorgaben zur Herstellung sind über mehrere Gesetze verteilt. Im Wesentlichen gelten hier:

  • Verordnung zur Durchführung des Vorläufigen Biergesetzes (BierStDB)
  • Bierverordnung (BierV)

Weitere zu beachtende rechtliche Vorgaben sind:

  •  Vorläufiges Biergesetz (VorlBierG). Es wurde zwar 2005 aufgehoben, aber es verweist auf verschiedene andere Rechtsstellen, so dass die wesentlichen Paragraphen erhalten bleiben.
  • EU-Verordnung Nr. 1333/2008 über Lebensmittelzusatzstoffe „nach dem deutschen Reinheitsgebot“. Hier wird für hergestelltes Bier ein Verbot von Zusatzstoffen aufrechterhalten.
  • Zusatzstoff-Zulassungsverordnung. Auch wenn im Ausland Farbstoffe oder Süßungsmittel gegeben werden dürfen, wird auf nationaler Ebene dieses Verbot für deutsches Bier bestätigt. Kohlensäure darf nur zugegeben werden, wenn es sich um aus der Bierbereitung rückgewonnene Gärungskohlensäure handelt.

Beim Betreiben einer Brauerei sind in Deutschland auch weitere rechtliche Kenntnisse notwendig:

  • Lebensmittel-Kennzeichnungsverordnung (LMKV). Ab dem 13. Dezember 2014 ist hier die LMiVO in Zusammenhang mit der Verordnung zur Anpassung nationaler Vorschriften an die Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 betreffend die Information der Verbraucher (Lebensmittelinformations-Durchführungsverordnung, Abk. LMIDV) zu beachten
  • Los-Kennzeichnungs-Verordnung (LKV)
  • Gesetz über den Schutz von Marken und sonstigen Kennzeichen (Markengesetz), MarkenG
  • Nährwert-Kennzeichnungsverordnung (NKV). Ab. 13 Dezember 2014 greift, wie bei der LMKV, die LMiVO.
  • Preisangabenverordnung (PAngV)
  • Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG)
  • Trinkwasserverordnung (TrinkwV 2001)
  • Mineral- und Tafelwasser-Verordnung (Min/TafelWV)
  • Lebensmittelhygiene-Verordnung (LMHV)
  • Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB)
  • Bedarfsgegenständeverordnung (BedGgstV)
  • Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Wasser (AVBWasserV)
  • Eichgesetz (EichG)
  • Fertigpackungsverordnung (FertigPackV 1981). Ab dem 13. Dezember 2014 werden Elemente der FertigPackV in der LMiVO geregelt.
  • Verpackungsverordnung (VerpackV)
  • Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV)
  • Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG)
  • Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG)
  • Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG)
  • Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG)
  • Gefahrstoffverordnung (GefStoffV)
  • Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft (TA Luft)
  • Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG)
  • Abwasserverordnung (AbwV)